Donnerstag, 25. Juni 2015

"kunst"...

ist in unserer Gegend das Dialektwort für "könntest". Die Externisten-Prüfung in Bildnerischer Erziehung hier nun nach diesem Gesichtspunkt witzig aufbereitet... Es ist zwar nicht immer einfach, aber meinen Humor nimmt mir so schnell niemand. Ist euch übrigens schon mal aufgefallen, dass es mindestens vier wichtige "Hs" im Umgang mit anderen gibt? Herz, Hirn, Humor und Höflichkeit. Genau diese Hs machen nicht nur gute Menschen, sondern auch gute Lehrer aus. Alles in allem kann ich sagen, dass wir in dieser Hinsicht wirklich Glück hatten mit der Wahl unserer neuen Prüfungsschule. Negative Erlebnisse und Vorurteile gegenüber Homeschoolern speichere ich inzwischen einfach auf meiner langen Liste ab, ohne mich darüber unnötig aufzuregen. Dennoch brechen diese Erfahrungen manchmal in Form kleiner sarkastischer Berichte aus mir hervor, wie gesagt, man darf das alles nicht so ernst nehmen und soll sich auf das Wichtige besinnen, nämlich die tolle Leistung, die die Kinder jährlich vollbringen. Selbstverständlich, angstfrei, voll Selbstvertrauen und scheinbar nebenbei. Doch ich spüre deutlich, dass mit zunehmendem Alter die Abneigung gegenüber den Prüfungen zunimmt. Ich sehe die Enttäuschung in den Augen der Kinder bei jeder Beurteilung, anmaßend einerseits, weil die Leistung die das Jahr über erbracht wurde, in die Benotung nicht einbezogen wird. Ein Armutszeugnis andererseits, denn sollte nicht jeder Lehrer in der Lage sein, an Hand eines netten Gespräches, in dem die Kinder ihre Arbeiten präsentieren und einige Aufgaben lösen, zu beurteilen, ob die Jahresanforderungen erfüllt wurden? Obwohl wir mittlerweile Routine in Sachen Pflichtschule haben, wäre eine der freien Lernmethode entsprechende Prüfung für uns sehr wünschenswert, denn schnell schreiben zu können ist nicht mein vorrangiges Lernziel.
  
Nun zum ersten Schnitt... der kratzt gehörig am Ego. Oder wie denkt ihr, fühlen sich die Lehrer, wenn sie realisieren, dass eine Mutter (oder ein Vater) ihre gemeinsamen Aufgaben (in einem Bruchteil der von ihnen aufgewendeten Zeit) im Alleingang bewältigt?  


Hmmm... Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus. Während manch einer gleich überlegt, das eigene Kind selbst zu unterrichten, fallen andere in eine Art schwarzes Loch, aus dem sie denken entrinnen zu können, in dem sie mit Vorurteilen um sich werfen, die sich ohnehin meist nach dem Kennenlernen der Kinder in Luft auflösen.
Zum Glück gibt es inzwischen ein ...


Netzwerk von Homeschoolern und Institutionen, die Kinder zur Externistenprüfung geleiten. Abgesehen davon, dass man sich austauschen und helfen kann, steht man, einfach ausgedrückt, nicht alleine da.
Um beim eigentlichen Thema zu bleiben...


... "Könntest du den Hintergrund in einer Farbe flächendeckend gestalten?" Also "besser" anmalen. Lächeln, freundlich bleiben, schweigen und denken: "Wäre die Wiese ohne Grasbüschel, Steine und Käfer noch eine Wiese? Was wäre ein Himmel ohne Wolken und das Licht in seinen vielfarbigen Nuancen? Ja, es wäre ein schöner Himmel und eine schöne Wiese, bloß ohne das Leben darin, das doch alles ausmacht."


..."könntest du andere Stifte verwenden? Wir verwenden keinen Kugelschreiber im Zeichenunterricht." "Schade, sie wissen nicht, was ihnen entgeht!", zum Glück schreie ich das nur in meinem Kopf.




..."könntest du Filzstifte oder Wasserfarben verwenden?" Ja, wenn es nicht Din A3 Format hätte sein müssen.


..."könntest du die Hose besser anmalen". Langsam werde ich müde, bis ich bemerke, dass ich wirklich etwas übersehen habe, nämlich...


bei der obersten Schachtel hat sich mein Sohn eines Lineales bedient. OK, ich gestehe, ich habe die Bleistiftzeichnung nicht mit der Lupe korrigiert, ich war bloß fasziniert, dass der Schachtelturm so echt aussieht.


..."könntest du mir sagen, was das ist?" "Eine freiwillige Ergänzung ihrer Vorgaben, ein Plan meines Zimmers.", so mein Sohn.

Dass die Kinder abgesehen von diesen beiden Mappen, dem Inhalt meines letzten Kunstbeitrages und dem Inhalt der Kunstseite noch viele andere Bilder mit allen möglichen Materialien im Laufe des Schuljahres gestaltet haben, ist hier ohne Bedeutung. Ebenso wie das Erkennen von Zusammenhängen und gewissenhaftem genauen Arbeiten. Schnell muss es gehen und so wie ich das will, weil ich das sage.


Während die bezaubernden Vögel die emotionale Seite der Zeichenlehrerin stürmen, erkenne ich einen kurzen Moment, dass sie nicht richtig von sich selbst überzeugt ist, oder sich besser gesagt gerade in einem Kampf mit sich selbst befindet. Es ist auch eine Kunst, über seinen Schatten zu springen. Schön, dass manche auf ihr Herz hören und es wenigstens versuchen!

Ich hoffe, dass ich nun, nachdem die Kinder das Schuljahr abgeschlossen haben, wieder häufiger zum Bloggen komme. Da ich beruflich und privat heuer weit mehr als erwartet um die Ohren habe, schreibe ich auch weiterhin unregelmäßig, habe aber auf jeden Fall vor weiter zu machen.
Danke allen Freunden, Lesern und Unterstützern, die uns auf unserem Weg begleiten und stärken. Schöne Ferien an alle Lehrer, die trotz meiner Neigung zur Kritik am Schulsystem (oder gerade deshalb) meine Seite besuchen. Allen Kindern und denen, die sich in meiner Aufzählung nicht wiederfinden, wünsche ich ebenfalls einen fantastischen Sommer!